15.02.2017

Vergessenen Kindern eine Stimme geben - Bundesweite Nacoa-Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien


Filmplakat "Zoey"

Plakat der Aktionswoche "Vergessenen Kindern eine Stimme geben"

Das Organisationsteam

Im Rahmen der bundesweiten „Nacoa-Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien – Vergessenen Kindern eine Stimme geben“ hat sich die Jugend- und Drogenberatung gemeinsam mit den Erziehungsberatungsstellen Domplatz und Jasperallee mit einem Filmprojekt für Schulklassen beteiligt. 

Rund 100 Siebt- und Achtklässler aus vier Braunschweiger Schulen sahen sich im Kino „Universum“ den Film „Zoey“ an. Im Mittelpunkt des Films steht die 14-jährige Zoey, die mit dem Rückfall ihres alkoholkranken Vaters zu kämpfen hat. Der 40-minütige Film zeigt eindrucksvoll die Lebenswelt, die Probleme und die Herausforderungen von Kindern in suchtbetroffenen Familien.

Die Eindrücke des Films und das Thema werden in den nächsten Tagen in zusätzlichen Veranstaltungen mit den Teams der Beratungsstellen vertieft und reflektiert.

„Viele wissen nichts von der Problematik. Schauen nicht hin. Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass es diese Probleme in vielen Familien gibt, dass Kinder und Jugendliche aus suchtkranken Familien Hilfe und Unterstützung brauchen“, sagt Petra Bunke, Leiterin der Jugend- und Drogenberatung. Ihr Appell an die Schülerinnen und Schüler, die sich den Film ansahen: „Wir wollen, dass ihr wisst: Es gibt Einrichtungen und Menschen, die euch helfen können, an die ihr euch wenden könnt.“

Von dem Film beeindruckt zeigten sich die beiden Siebtklässler Georgeos und Nicole der Pestalozzischule: „Das Verhalten von dem Mädchen fand ich gut. Aber man hat auch gesehen, wie schwierig für sie die Situation mit dem Vater war.“ Und Nicole ergänzt: „Der Film zeigt, was die Sucht des Vaters für Probleme bei dem Mädchen verursacht. Zum Beispiel mit dem Freund und dass sie sich fast wie eine Mutter um ihren kleinen Bruder gekümmert hat.“ Georgeos glaubt, er hätte sich in Zoeys Situation eher Hilfe von der Mutter geholt. Die Sozialpädagogin Getta Rühmann-Krüger, die die Klasse begleitete, fand die unausgesprochenen Signale des Films besonders gut: „Die 14-jährige Zoey wirkt sehr erwachsen, übernimmt eine Erziehungsfunktion und Verantwortung, deckt und schützt ihren Vater. Obwohl sie ganz bewusst den Rückfall ihres Vaters wahrnimmt, versucht sie dennoch zu vertuschen und die Fassade aufrecht zu erhalten. Am Beispiel von Zoey wird deutlich: alleine schafft ihr es nicht. Das müssen Erwachsene regeln. Traut euch, holt euch Hilfe.“

Hintergrund

Der größte bekannte Risikofaktor für eine Suchtentstehung ist ein Aufwachsen mit suchtkranken Eltern. Gründe hierfür sind nicht nur das elterliche „Vorbild“, das konstruktive Problembewältigung aufgrund der eigenen Erkrankung vermissen lässt, sondern insbesondere die familiäre Atmosphäre, die oft geprägt ist von Instabilität, Anspannung, Unberechenbarkeit, Willkür, Vernachlässigung und vielleicht sogar von Gewalt.

Die Kinder werden in aller Regel nicht ausreichend gefördert. Sie stellen ihre eigenen Bedürfnisse zurück, weil sie sich um die jüngeren Geschwister oder den suchtkranken Elternteil kümmern. Scham und Abschottung, um das Familiengeheimnis zu wahren, bringen zudem soziale Isolation mit sich. Die Mehrheit der Kinder in suchtbelasteten Familien ist mit den Problemen allein, nur wenige bekommen ausreichend Unterstützung.

Zahlen und Fakten zum Thema:
• Jedes 6. Kind lebt zumindest vorübergehend in einer suchtbelasteten Familie
• Das Risiko der Kinder, selbst abhängig zu werden, ist stark erhöht: etwa ein Drittel der Kinder wird später selbst suchtkrank.
• Kinder aus suchtbelasteten Familien erleben wesentlich häufiger verbale, körperliche aber auch sexualisierte Gewalt als Kinder, die in einer Familie ohne Suchterkrankung aufwachsen.
• Hochrechnungen zufolge werden jährlich 3.000 bis 4.000 Kinder mit schweren Entwicklungsstörungen aufgrund von Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft geboren.

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