Berlin, Berlin, wer fährt schon nach Berlin!?

Und da waren sie wieder, meine Probleme: Ich, der unsportlichste aller Mitarbeiter der Beratungsstelle werbe seit fünf Jahren jeden Sommer im Cafe Spiegel für ein Fußballturnier der Drogenberatungsstellen in der Region. Ohne erkennbaren Erfolg. Jedes Jahr hing im Café eine Liste zum Eintragen aus. Einmal, vor zwei Jahren standen acht Leute auf der Spielerliste, erinnere ich mich. Am Tag des Turniers war kein Einziger gekommen. Dieses Jahr wollte ich, dass Goslar irgendwie daran teilnimmt. Eine andere Taktik musste her. Also wurde die „individuelle, gezielte und permanente Einzelansprache“ angewandt. Mit dem Ergebnis, dass zwei Menschen fest und verbindlich zugesagt hatten und drei in der Schwebe waren. Das Problem, eine komplette Mannschaft zu bekommen, hatten die Kollegen aus den anderen Einrichtungen auch. So konnte es gut sein, dass es Spielgemeinschaften geben würde. Ich war verbissen: irgendwie hatte ich es mir in den Kopf gesetzt, mitzuspielen.
Am 19.06.08 ging ’s los. Drei (Nicht)-Fußballer aus Goslar auf dem Weg zum Pokalgewinn. Ich hatte also mit meiner neuen Taktik der Spielerwerbung bedingten Erfolg. Eine junge Frau und ein erfahrener Torwart waren dabei. Auf einem Sportplatz in Peine trafen gegen 10.00 Uhr nach und nach die Mitglieder der Mannschaften aus Hildesheim, Wolfenbüttel, Lehrte, Wolfsburg, Hameln und Braunschweig ein. Peine sollte die Stätte des Triumphes für den Goslarer Fußball werden. Schnell war entschieden, dass Goslar und Wolfsburg eine Spielgemeinschaft bildeten. Die Wolfsburger waren im Übrigen sehr heiß auf die Trophäe, da sie drei Jahre in Folge immer nur den zweiten Platz erreicht hatten.

Die Spieldauer war auf 10 Minuten festgelegt. Gespielt wurde auf einem verkleinerten Spielfeld.
Im Losverfahren traten vorerst alle Mannschaften gegeneinander an. Die vier Stärksten kamen dann ins Viertelfinale. Dann folgten Halbfinale und Endspiel.

Das dritte Spiel bestritten wir. Alle hatten sich warmgelaufen, Dehnübungen gemacht, den Ball zugepasst. Die Taktik wurde abgestimmt: Manndeckung, Raumdeckung, Passspiel, Tackling. Unsere Wolfsburger Bündnisspieler hatten von Anfang an den Platz im Griff und schon nach kurzer Zeit fielen drei Tore nacheinander. Der Goslarer Torwart hielt, was er halten konnte und macht eine gute Figur im Kasten. Die vier Wolfsburger Feldspieler bildeten kompaktes Team. Sie kämpften erfolgreich um jeden Ball.

Die hohe körperliche Belastung führte bei dem einen oder anderen zur schnellen Ermüdung. Die einzelnen Spieler brauchten bald eine kleine Verschnaufpause. Glücklicherweise verfügte unsere Mannschaft über zwei Auswechselspieler, die auch recht bald zum Einsatz kamen. Zuerst durfte Ramona aufs Feld. Allerdings waren die Wolfsburger so verbissen hinter einem Sieg her, dass nach kurzer zeit allen Beteiligten klar war, dass die Fähigkeiten unserer Fußballerin würden nicht ausreichen würden, ein schnelles und gezieltes Spiel zu absolvieren. Kurzer Hand wurde sie zum Maskottchen erkoren und betreute von da an die Mannschaft vom Spielrand aus. Mir erging es ähnlich. Ausgewechselt, frischen Mutes und vollkommen unvorbereitet lief ich auf den Platz. Nach wenigen Sekunden erster Ballkontakt in der gegnerischen Hälfte. Ein Pass vor das Tor, ein gekonnter Sprint, enge Manndeckung des Gegners. Der Versuch, mich Freizulaufen. In der Vorwärtsbewegung einen Haken nach links. ZACK! Umgeknickt, Knie verdreht. Ich verlies mit schmerzverzerrtem Gesicht den Platz. Den Rest des Turniers verfolgte ich das Geschehen von einem Campingstuhl aus. Die SG Goslar/Wolfsburg spielte trotz der Ausfälle alle folgenden Gegner an die Wand und holte sich letztendlich den ersehnten Pokal.

Der Einsatz der Pokalhelden aus Goslar, sich die Zeit zu nehmen und einen Tag lang dem Alltag zu entfliehen, zufrieden zurückzukommen und etwas anderes erlebt zu haben, hatte Signalwirkung. Für ein kommendes Fußballturnier gibt es jetzt schon Spieleranfragen. Ich  werde zwar nie wieder Fußballspielen, aber zu einem Turnier aufzurufen bin ich immer bereit.

Stimmen vom Spielfeldrand

„Waldemar Hartmann, eine Einschätzung vor Spielbeginn: wie schätzen Sie die Qualität der SG Goslar/Wolfsburg ein?“

„Was sie hier auf dem Rasen sehen, kostet viele viele viele Millionen Geld, wenn man diese Spieler kauft.“ Waldemar Hartmann

„Wir sind hierher gefahren und haben gesagt: Okay, wenn wir verlieren, fahren wir wieder nach Hause.“ Marco Rehmer

„Herr Beckenbauer, wie schätzen Sie die Chancen der SG Goslar/Wolfsburg im folgenden Spiel ein?“

„Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage!“ Franz Beckenbauer

„Herr Klinsmann, was glauben Sie geht jetzt nach dem Pokalgewinn in den Köpfen der Spieler vor?“

„Das sind Gefühle, wo man schwer beschreiben kann.“ Jürgen Klinsmann

„Herr Möller, sie als Insider, wo wird im nächsten Jahr das Turnier der Drogenberatungsstellen ausgetragen?“

„Mailand oder Madrid - Hauptsache Italien!“ Andreas Möller