Am vergangenen Freitag fand auf dem Schlossplatz in Braunschweig der diesjährige Aktionstag gegen Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit statt, organisiert von der Braunschweiger Initiative „Notruf Wohnungsmarkt“. Ziel der Veranstaltung war es, auf die vielschichtigen Probleme der Wohnungslosigkeit aufmerksam zu machen und verstärkt den Blick auch auf Lösungsansätze auf kommunaler Ebene zu richten. Zu den Organisatoren zählten unter anderem die Jugend- und Drogenberatung Drobs, der Verein „Der Weg e.V.“ sowie Cura, der Verein für Straffälligenhilfe. Besonders engagiert zeigte sich auch die Diakonische Gesellschaft Wohnen und Beraten (DWB), die gemeinsam mit Cura die Veranstaltung maßgeblich unterstützte.
Eine Fotoausstellung mit dem Titel „Wohnungslos – Leben in Braunschweig“, die das Leben von wohnungslosen Menschen in der Stadt dokumentierte unterstrich bildlich eindrucksvoll die Situation der Menschen, die auf der Straße leben. Die bewegenden Bilder, befestigt an Bauzäunen, zeigten den Alltag und die Herausforderungen, mit denen die Betroffenen konfrontiert sind. Die Ausstellung zeigt das Leben aus der Perspektive der Betroffenen. Menschen, die selbst von Wohnungslosigkeit betroffen sind, bekamen Kameras in die Hand gedrückt, um ihren Alltag zu dokumentieren und ihre Realität sichtbar zu machen. Dies unterstrich die Vielfalt und Vielschichtigkeit der Problematik: Von Frauen, die aus Frauenhäusern kommen, bis hin zu Menschen, die frisch aus der Haft entlassen wurden, reichen die Hintergründe der Wohnungslosen in Braunschweig.
Darüber hinaus thematisierte die Ausstellung sogenannte „vertreibende Architektur“, bauliche Maßnahmen, die gezielt Obdachlose von bestimmten öffentlichen Plätzen fernhalten sollen – etwa durch ungemütliche Sitzgelegenheiten oder das Anbringen von Stacheln. Provokante Plakate mit Aufschriften wie „In Braunschweig muss niemand auf der Straße leben!“ regten zum Nachdenken an und hinterfragten gängige Vorurteile.
Neben der Fotoausstellung boten Expertinnen und Experten aus verschiedenen Institutionen sowie Betroffene in Interviews und Redebeiträgen Einblicke in ihre Erfahrungen und Perspektiven. An einem Infostand konnten Interessierte weiterführende Informationen erhalten und sich bei einem Teller Suppe austauschen. Auch die Zentrale Stelle für Wohnraumhilfe der Stadt Braunschweig war vor Ort, um über ihre Angebote zu informieren.
„Unsere Forderungen aus dem letzten Jahr sind dringlicher denn je“, betonte DWB-Geschäftsführer Michael Bahn in einer Rede. „Wir brauchen einen kommunalen Aktionsplan, der bis 2030 Obdach- und Wohnungslosigkeit in Braunschweig überwinden kann. Es muss endlich mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden – besonders für Einpersonenhaushalte und große Bedarfsgemeinschaften.“
„Bei der letzten Zählung aus dem Frühjahr der zentralen Beratungsstelle waren 462 Menschen in Braunschweig wohnungslos. Sie leben entweder im Obdach oder machen tatsächlich „Platte“, sagte Henning Voss, Geschäftsführer von Cura e.V. Damit bleibt die Zahl der wohnungslos gemeldeten Menschen in Braunschweig konstant über 400 und ist immer noch steigend.
„Wollen die Stadt dazu bringen, den Plan des Bundes, nämlich Obdachlosigkeit bis 2030 komplett zu verhindern, kommunal weiter zu verfolgen. Das ist ein sehr optimistisches Ziel, das ist uns bewusst. Aber der Weg ist das Ziel. Die Kommune ist diejenige, die das umsetzen muss. Wir bieten uns mit unserem vielschichtigen Know How an, uns einzubringen, zu unterstützen und gemeinsam dazu beizutragen, die Situation deutlich zu entschärfen“, so der engagierte Mitorganisator Voss.
Die Initiative „Notruf Wohnungsmarkt“ betonte, dass sie immer dankbar für Spenden von gut erhaltenen Schlafsäcken und Isomatten sind, um sie an Betroffene weiterzugeben und deren Situation etwas zu lindern.