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Gedenktag für verstorbene Drogengebrauchende: Überdosierung und Drogentod verhindern

Kerzen für Drogentote
Schweigeminute im Café
Naloxon-Beratung
Hände
Denktag in der Drobs Goslar
Buffet

133 Menschen sind 2024 in Niedersachsen im Zusammenhang mit Drogenkonsum ums Leben gekommen. Das sind zwanzig Verstorbene weniger als 2023, jedoch 55 Prozent mehr als noch 2021 (86 Drogentote), und damit eine weiterhin besorgniserregende Tendenz, auf die anlässlich des „Gedenktags für verstorbene Drogengebrauchende“ am 21. Juli aufmerksam gemacht wird.

Auch in Braunschweig gab es, laut Florian Kregel, weniger verstorbene Drogenabhängige. „Wir gedenken sieben Klient*innen, die in den letzten zwölf Monaten verstorben sind. Unter diesen Klient*innen sind jedoch drei junge Erwachsene, was uns besonders traurig stimmt. Zwar ist die Anzahl im Vergleich zu den Vorjahren gesunken, doch die erhöhte Anzahl junger Menschen bereitet uns große Sorgen und zeigt eine aktuelle Entwicklung. Immer mehr junge Menschen konsumieren potente Drogen und Medikamente, was zunehmend zu lebensbedrohlichen Zuständen führt. Warum es bei den älteren Klient*innen zu einem Rückgang der Sterberate kam, können wir nicht genau sagen“, berichtet Florian Kregel. Der Einrichtungsleiter betont jedoch, dass Präventionsarbeit unabdingbar und erfolgreich ist. So gab es am heutigen Gedenktag nicht nur eine Schweigeminute im Café Relax der Drobs, sondern auch einen Infostand und eine freiwillige Schulung im Umgang mit dem lebensrettenden Notfallmedikament, das bei einer Opioid-Überdosierung zum Tragen kommt.
Außerdem können die Klient*innen den ganzen Tag im Café kreativ an die Verstorbenen gedenken und ihre ganz persönlichen Gedanken auf Papier-Schmetterlingen hinterlassen. Diese Abschiedsbotschaften werden gesammelt, auf einer Pinnwand zusammengestellt und am Gedenkgottesdienst am kommenden Sonntag, 27. Juli, aufgestellt.

Auch in der Jugend- und Drogenberatung in Goslar wurde den Verstorbenen gedacht. Die Klient*innen konnten Kerzen anzünden, in einem Kondolenzbuch ein paar Gedanken und persönliche Worte schreiben, um ihren verstorbenen Freunden zu gedenken und in Ruhe noch einmal Abschied nehmen.

Für die Besucher*innen des Cafés Spiegel organisierte das Team der Drobs eine kleine Grillfeier, denn dieser Gedenktag ist auch ein Wachrütteln und ein Zeichen für das Leben. Unterstützt wurde die Veranstaltung in Goslar von der AIDS-Hilfe.

Seit 1998 erinnert der bundesweite Gedenktag an die Schicksale der betroffenen Menschen, die infolge von Substanzkonsum und unzureichender Gesundheitsversorgung sterben mussten. Der Gedenktag setzt ein klares Zeichen: Jeder Drogentod ist einer zu viel. In diesem Jahr steht der Gedenktag unter dem Motto „Überdosierung und Drogentod können alle Menschen (be-)treffen.“ Eine Überdosierung oder der Tod durch Langzeitfolgen wie HIV und Hepatitis trifft nicht nur die Drogengebrauchenden, sondern auch Angehörige, Freund*innen, Kolleg*innen, Nachbar*innen, die einen nahestehenden Menschen verlieren. Die deutliche Botschaft: Substanzkonsum ist keine Frage des sozialen Milieus. Drogenkonsum findet in der Mitte unserer Gesellschaft statt – und kann jede und jeden betreffen.
„Der Tod durch eine Überdosis ist kein Einzelschicksal – er ist Ausdruck politischer Versäumnisse. Es reicht nicht, einmal im Jahr zu gedenken. Wir brauchen eine konsequente Neuausrichtung der Drogenpolitik: weg von Kriminalisierung, hin zu Gesundheitsschutz und Menschenwürde“, sagt Kerstin Tack, Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Niedersachsen.

Ein besonderer Risikofaktor ist der zunehmende Konsum synthetischer Opioide, insbesondere Fentanyl, das ein erhebliches Überdosierungsrisiko birgt. Besorgniserregend ist der Anstieg der drogenbedingten Todesfälle in Niedersachsen und in Deutschland – seit 2012 ist ein Aufwärtstrend zu verzeichnen: Damals starben deutschlandweit 944 Menschen im Zusammenhang mit Drogenkonsum; im vergangenen Jahr waren es 2.137. Der leichte Rückgang im Vergleich zu 2023 (auch in Niedersachsen ging die Zahl etwas zurück) kann über den Langzeittrend nicht hinwegtäuschen.