Wie komplex die Probleme im sozialen Bereich sind und vor welchen großen Herausforderungen Verbände, Organisationen und Initiativen stehen, das wurde am vergangenen Dienstag bei der Veranstaltung mit dem Titel „Vor dem Kollaps!? Beschäftigung im sozialen Sektor“ an der Fakultät Soziale Arbeit, der Ostfalia Hochschule in Wolfenbüttel deutlich.
Der Impulsvortrag von Dr. Christian Hohendanner, einem Experten in der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, war für die rund fünfzig Anwesenden sehr interessant und aufschlussreich. Dr. Hohendanner gab einen Einblick in Erkenntnisse seiner aktuellen Studie „Vor dem Kollaps!? Beschäftigung im sozialen Sektor“, die er zusammen mit seiner Kollegin Jasmin Rocha und seinem Kollegen Joß Steinke verfasst hat. Sie beleuchtet die angespannte Lage des sozialen Sektors in Deutschland – vom Pflegenotstand bis hin zur Kita-Krise.
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen Sven Spier, Geschäftsführer des Paritätischen Braunschweig, Iris Bothe, Stadträtin für Jugend, Bildung, Integration und Soziales bei der Stadt Wolfsburg sowie Jakob Richter von der Stiftung Neuerkerode teil.
Dabei wurde das Thema Fachkräftemangel aus der Perspektive der Praxis weiter diskutiert. Einig waren sich die Diskutierenden darüber, dass die enormen Herausforderungen nur übergreifend gelöst werden können.
„Wir reden immer nur über Teilproblematiken. Wir leben aber in einer sehr komplexen Welt und müssen uns auch in der Lösungsfindung dementsprechend gemeinschaftlich aufstellen. Zudem wird unterschätzt, dass die sozialen Einrichtungen, Verbände und Organisationen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor bedienen“, sagte Stadträtin Iris Bothe. Geschäftsführer des Paritätischen Braunschweig, Sven Spier betonte: „In vielen Bereichen sind wir schon längst mittendrin im Kollaps angekommen und nicht mehr nur kurz davor. Die gesellschaftliche sowie politische Diskussion dreht sich unter anderem zwischen dem Abwägen von Qualität und Quantität. Dafür gibt es keine gute, keine richtige Antwort. Als Sozialarbeiter und als Vertreter von Professionalität in dem Bereich bin ich über hohe Standards glücklich, die wir erreichen konnten. Auf der anderen Seite erlebe ich in der Praxis, dass es zur Folge hat, dass wir bei Einhaltung der Standards schlechtestenfalls nicht mehr alle Angebote aufrechterhalten können. Die Meinung zu vertreten: entweder die gewünschte Qualität oder gar keine und damit die Versorgung zu verringern, das ist wohl auch nicht die Lösung.“
Ein interessanter Abend mit vielen Gedanken zur großen, vielschichtigen Problematik des sozialen Sektors, die wohl leider noch lange die Branche, die Mitarbeitenden, die Betroffenen Angehörigen und Familien beschäftigen wird.