19.02.2024

#wirsindmillionen - COA-Aktionswoche 2024: Kinder aus suchtbelasteten Familien eine Stimme geben


Vom 18. bis zum 24. Februar rückt die bundesweite Aktionswoche COA Kinder aus suchtbelasteten in den Fokus der Öffentlichkeit. „Vergessenen Kindern eine Stimme geben“ ist das Motto der diesjährigen COA-Aktionswoche. COA steht für „Children of Alcoholics/Addicts“, also Kinder aus suchtbelasteten Familien, deren besondere Herausforderungen oftmals ungesehen und ungehört bleiben. Wenn Eltern suchtkrank sind, dann hat das gravierende Auswirkungen auf die Kinder. Mehr als 2,6 Millionen Kinder in Deutschland leiden unter den Suchtproblemen ihrer Eltern, fast jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in einer Familie auf, in der Alkohol- oder eine andere Drogensucht den Alltag beherrscht. Für die Kinder bedeutet die Sucht eines oder beider Elternteile immer, dass sie in einer Atmosphäre von Unsicherheit und Angst aufwachsen. Auch suchtkranke Eltern lieben ihre Kinder. Sie sind jedoch meist nicht in der Lage, ihnen Zuwendung und Liebe mit der Beständigkeit und Zuverlässigkeit zu geben, wie die Kinder dies zum gesunden Aufwachsen bräuchten. Suchtbedingt neigen suchtkranke Eltern zu starken Stimmungsschwankungen und zeigen oft unberechenbares Verhalten. Dies belastet die Kinder und kann sie auf Dauer in ihrer Entwicklung stark beeinträchtigen. Kinder von Suchtkranken lieben ihre Eltern und hüten das Familiengeheimnis. Ihr eigenes Leid bleibt oft unerkannt, weil sie es durch ihr Verhalten geschickt verstehen, die Aufmerksamkeit der Umwelt von den Problemen zu Hause abzulenken.

Die Perspektive dieser Kinder ist komplex: Die widrigen Umstände einer Kindheit in einer suchtkranken Familie können sie für ihr Leben prägen, was sich in einer eigenen Sucht im Erwachsenenalter oder einer psychischen oder sozialen Störung bemerkbar machen kann. Laut einer Studie wird etwa ein Drittel dieser Kinder im Erwachsenenalter alkohol-, drogen- oder medikamentenabhängig, etwa 1/3 entwickelt psychische oder soziale Störungen (teilweise überlappend mit dem ersten Drittel) und etwa 1/3 kommt mehr oder weniger unbeschadet davon.

Dennoch – so die Erfahrungen - sind diese Kinder äußerst widerstandsfähig und verfügen über vielfältige Begabungen und Kompetenzen. Mit der richtigen Unterstützung können sie sich zu gesunden und lebenstüchtigen Erwachsenen entwickeln.

Kinder aus suchtbelasteten Familien brauchen eine Stimme und größeren gesellschaftlichen Rückhalt. In Braunschweig und Goslar werden die Kinder von den Mitarbeitenden der Jugend- und Drogenberatungen (Drobs) des Paritätischen nicht vergessen. „Die Arbeit mit Kindern aus suchtbelasteten Familien ist für uns als gemeinnützige Gesellschaft für Paritätische Sozialarbeit Braunschweig eine Herzenssache und ist fester Bestandteil unseren Jugend- und Drogenberatungsstellen“, sagt Abteilungsleiter des Bereichs der Suchtkrankenhilfe beim Paritätischen Braunschweig, Lars Fischer.

In Goslar gibt es das Projekt: „Sei kein Frosch - Kinder drogenabhängiger Eltern stärken“ und ist mittlerweile ein festes Angebot im Hilfesystem der Jugend- und Drogenberatung. „Sei kein Frosch kombiniert zwei bewährte Methoden. Im Rahmen einer niederfrequenten Intervention übernehmen wir aus dem wissenschaftlich evaluierten Bundesmodellprojekt Trampolin therapeutische Elemente, um dem Risiko der Kinder, selbst einmal eine substanzbezogene Abhängigkeitserkrankung zu entwickeln, entgegenzuwirken. Diese Elemente werden gekoppelt mit weitergehenden Aktivitäten, wie beispielsweise dem therapeutischen Reiten, erlebnispädagogischen Elementen oder anderen Aktionen“, erläutert Anna Pielken-Rieger, Leiterin der Einrichtung das Konzept. Hauptanliegen ist es zu einer gesunden Entwicklung der gefährdeten Kinder beizutragen und so zur optimalen Entfaltung der Persönlichkeit beizusteuern. Zwei SozialarbeiterInnen führen dieses Projekt mit Gruppen in einer Größe von fünf bis acht Kindern durch. An 20 Tagen im Jahr werden die Kinder von zu Hause abgeholt und sind ca. 3,5 Stunden in der Gruppe unterwegs.

Mittlerweile wird dieses Projekt pauschal über den Landkreis gefördert. Dies ist niedersachsenweit einmalig. Die Kinder können auch anonym in der Jugend- und Drogenberatungsstelle Goslar angemeldet werden und es muss kein Kontakt über das Jugendamt hergestellt werden.

Im Jahr 2023 konnten insgesamt mit diesem Projekt 18 Kinder im Alter von 4- 12 Jahren erreicht werden. Der Bedarf ist jedoch. Zuletzt fand ein wundervolles Kunstprojekt für die Kinder statt, das dank der Förderung durch Aktion Mensch durchgeführt werden konnte.

In Braunschweig beteiligt sich die Drobs an einem Kinoprojekt für Schulklassen. Am 29. Februar wird der Film Zoey im Universum Kino gezeigt. Der Film zeigt eindrucksvoll und berührend die Lebenswelt von Kindern aus einer suchtbelasteten Familie. „Wir möchten mit unserem Projekt zu einer Sensibilisierung und zu mehr Information über dieses Thema beitragen. Das Projekt ist so aufgebaut, dass an einem Vormittag der Film im Kino „Universum“ für sechs Schulklassen des Gymnasiums Kleine Burg und der Realschule Kennedyplatz gezeigt wird. In einem zweiten Schritt wird mit den Schulklassen der Film in und mit den mitwirkenden Beratungsstellen nachbereitet“, sagt Christiane Drozd von der Drobs Braunschweig. Weitere teilnehmende Einrichtungen am Zoey-Projekt sind neben der Drobs, das Gesundheitsamt, die Erziehungsberatung Jasperallee, die Erziehungsberatung Domplatz, die Jugendberatung bib, das Lukas-Werk und die Jugendberatung mondo X.

Der Hashtag #wirsindmillionen macht in den sozialen Medien auf die Aktionswoche aufmerksam.

Eine Übersicht zur COA-Aktionswoche 2024 gibt es hier .